10 Tipps für den Immobilienerwerb

Viele träumen  den Traum vom eigenen Haus. Wer hätte nicht gerne Wohnbedarf auf die eigenen Bedürfnisse angepasst und das Gefühl „in etwas Eigenem“ zu wohnen. Die Beschäftigung mit dieser Materie lohnt sich also durchaus, will aber auch gut vorbereitet sein. Vielerorts droht Immobilienkäufern aufgrund der demografischen Entwicklung und der „Landflucht“   vieler Familien die Situation, dass die eigene Immobilie im Laufe der Zeit an Wert verliert und nicht  – wie früher häufig – oft auch eine gute Geldanlage darstellt.

Wer dennoch für sich grundsätzlich zu dem Fazit kommt, eine eigene Immobilie erworben zu wollen, sollte dies gewissenhaft vorbereiten, um nicht später unliebsame Überraschungen zu erleben.

Schlechte Vorbereitung, fehlender Sachkenntnis oder falsche Beratung können ebenfalls ein kostenträchtiges Nachspiel haben.

Die wichtigsten (keineswegs nur rechtlichen) Dinge, die man bei seinen Überlegungen berücksichtigen sollte, finden sich nachfolgend als 10-TippCheckliste für den  Immobilienerwerb. Einiges erscheint beim Lesen banal – die Praxis zeigt aber, dass einzelne Punkte immer wieder vergessen oder unterschätzt werden. Insofern kann ein erneutes Abarbeiten einer Liste eine Art „Sicherheitscheck“ sein.

Tipp Nr. 1 – Wirklich kaufen oder selber bauen?

Zunächst sollte man sich die Frage beantworten, ob man bauen oder kaufen will. Wer ausgeprägt viele individuelle Wünsche hat, dem ist wohl eher zum Bau zu raten. Allerdings ist auch ein erhöhtes Maß an Geduld, Energie und Nervenkraft erforderlich.

Tipp Nr. 2 – Sorgfältige Recherche

Hat man sich zum Hauskauf entschieden, ist  eine sorgfältig angelegte Recherche nach dem Wunschobjekt anzustreben. Hierzu gehören Zeitungen, Online-Plattformen und auch generelle Anfragen bei ortsansässigen Maklern (am besten ohne sogleich einen Vertrag zu unterzeichnen, es geht erst einmal nur um ein Grobraster; wobei der Käufer allerdings die Maklergebühr  nur zahlt, wenn durch den Makler vermittelt ein Objekt erworben wird). Ein Maklervertrag bindet so manchen allerdings auch bereits „psychologisch“ (nach dem Motto: „der hat ja schon so viel für uns getan“.

Tipp Nr. 3 – Lage analysieren

Nochmals die Lage prüfen- wie zuvor bereits erörtert, drohen vielen Regionen zukünftig Immobilienentwertungen. Wem andere Aspekte wichtiger sind (soziales Umfeld: Kindergärten, Schulen und Sportvereine und Transportmittel) kann dieses Kriterium weniger stark bewerten.

Tipp Nr. 4 – Nicht unter Zeitdruck kaufen oder vom Makler unter Druck setzen lassen

Ist das richtige Objekt gefunden, dennoch noch einmal in die Prüfphase gehen ohne Zeitdruck. Es gibt auch noch andere schöne Häuser. Makler verwenden oft den Trick, auf andere potentielle Käufer zu verweisen. Dies sollte man entkräften indem man sagt : „Unser Traumhaus kann uns niemand nehmen- es ist nur für uns“. Natürlich kann es dann doch einmal anderweitig verkauft werden, aber immerhin haben Sie eine sorgfältige Entscheidung getroffen, die Sie später nicht bereuen.

Tipp Nr. 5 – Finanzierung sichern und doppelt checken

Wer sich zum Kauf entschließt, muss vorher sorgfältig seine Finanzen prüfen.

Holen Sie Angebote von mehreren Banken ein und vergleichen Sie in Ruhe.
Möglicherweise lohnt es sich, für geringes Entgelt einen Experten über die Finanzierungspläne schauen zu lassen (eine Person, die nicht das Darlehen oder die Immobilie vermittelt). Hierfür überschaubar aufgewendetes Geld lohnt in der Regel und zahlt sich sehr häufig aus. Als Faustregel gilt: mindestens zehn Prozent Eigenkapital einbringen.

Tipp Nr. 6 – Unabhängigen Gutachter einschalten

Auch mit gewissen Kosten verbunden ist die Einschaltung eines unabhängigen Gutachters.  Er untersucht das Objekt auf Mängel, Reparaturstau und Umbaumöglichkeiten. Auch dieses Geld ist gut angelegt (zum Beispiel gibt es bei Gericht eine Liste von Immobiliengutachtern; entsprechende Fachleute finden sich aber auch leicht durch „Google“. Ein Immobilienkauf ist oft eine beachtliche Lebensentscheidung, die auf  Basis vieler abgesicherter Fakten stattfinden sollte. Bei einer ernsthaften  Erkrankung und drohender Operation würde man auch nicht auf die Idee der Selbstdiagnose oder gar -behandlung kommen, sondern einen Fachmann aufsuchen. Einen solchen Service bietet zum Beispiel  „Der Hausinspektor“  an (http://www.der-hausinspektor.de).

Tipp Nr. 7 – Verhandeln wie ein Profi

Findige  Käufer verstehen den Angebotspreis als Eingangsangebot und sind auch bereit, auf Mängel oder Nachteile der Immobilie hinzuweisen. Auch hier ist es möglich, einen Experten als Verhandlungspartner auftreten zu lassen. Meist holt diese Person seine Vergütung ohne Schwierigkeiten sofort „wieder rein“. Auch verhindert ein Experte, dass unerfahrene Immobilienkäufer dem Haus vor den Augen des Makler „verliebte Blicke“ zuwerfen, und eine „walk away“  Position kaum noch glaubhaft darstellbar bleibt.

Tipp Nr. 8 –Wohnumfeld prüfen

Natürlich sind auch weitere „softe“ Faktoren zu beachten. Da gilt die alte Weisheit:  „Es kann der frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“. Mehrfach vorher die Immobilie aufsuchen und auch Anwohnen befragen. Versäumnisse hierbei bereut man später oft viele Jahre, das kann die eigentlich perfekte Immobilie selber  kaum noch ausgleichen.

Tipp Nr. 9 – Notarvertrag: rechtzeitig und gründlich vor Unterschrift prüfen

Jeder Grundstückkaufvertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Dieser Beurkundungszwang soll die Kaufvertragsparteien schützen (Warnfunktion und Beweisfunktion). Der hierzu gewählte Notar hat eine Neutralitätspflicht: er darf nicht zugunsten einer Partei mit der anderen Partei verhandeln. Zudem hat er die Parteien über die Bedeutung des Inhaltes zu belehren (Ausnahme: keine Belehrungspflicht über steuerliche Konsequenzen). Dennoch zeigt sich in der Praxis, dass manche Notare stark mit Verkäufern zusammenarbeiten und deswegen deren bevorzugtes Kaufvertragsformular verwenden.

Es ist also anzuraten, den Kaufvertrag vorher einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen – wer nicht sachkundig genug ist, sollte einen Anwalt hinzuziehen (auch diese Kosten sind überschaubar und rechnen sich). Dieser prüft auf Wunsch auch Einträge und Vorlasten in Grundbuch und Baulastenverzeichnis, die den Wert der Immobilie mindern können. Bei Eigentumswohnungen prüft er zusätzlich die Teilungserklärung, gegebenenfalls Eigentümerversammlungsprotokolle und Nebenkostenabrechnungen.

Tipp Nr. 10 – Erfolgt der Erwerb über eine Zwangsversteigerung?

Meist liegt in der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichtes ein Gutachten hinsichtlich der zu versteigernden Immobilie aus, welches unbedingt genauestens studiert werden sollte. Auch ist die aktuelle Wohnsituation der Immobilie ist zu untersuchen – manchmal verstehen es die Alteigentümer die Räumung der Wohnung trickreich zu verhindern oder zu verzögern. Das kann Probleme mit dem eigenen Terminplan geben (Kündigung der eigenen Wohnung) und zu zusätzlichen Kosten und Nervenbelastungen führen.

Wer auf  Basis dieser Checkliste vorgeht, ist zwar nicht gegen jedes Lebensrisiko abgesichert, hat aber doch die gefährlichsten Klippen umschifft.

FIFA unterliegt im Streit mit Ferrero über WM-Marken

FIFA unterliegt im Streit mit Ferrero über WM-Marken

 

Der u.a. für das Wettbewerbs- und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über Ansprüche der FIFA auf Löschung von Marken entschieden, die sich auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika beziehen und die Ferrero hat eintragen lassen.

Die Klägerin, die FIFA mit Sitz in der Schweiz, veranstaltet die Fußball-Weltmeisterschaften. Sie ist Inhaberin zahlreicher Marken, die auf die Fußball-Weltmeisterschaften 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika Bezug nehmen. Die beklagte Ferrero GmbH gibt zu Fußball-Weltmeisterschaften Sammelbilder heraus, die sie ihren Schokoladenerzeugnissen beilegt. Sie hat mehrere Marken eintragen lassen, die ebenfalls einen Bezug zur Fußball-Weltmeisterschaft aufweisen, um ihre Sammelbildaktion markenrechtlich abzusichern. Die Klägerin hat die Beklagte auf Löschung der Marken in Anspruch genommen.

Der Bundesgerichtshof hat in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht die Löschungsansprüche der Klägerin sowohl unter kennzeichenrechtlichen als auch wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten verneint.

Kennzeichenrechtliche Ansprüche der Klägerin hat der Bundesgerichtshof verneint, weil keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken der Parteien bestehe und die Klägerin die begehrten Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf Werktitel mit den Bezeichnungen „WM 2010“, „GERMANY 2006“ und „SOUTH AFRICA 2010“ stützen könne. Aus Wettbewerbsrecht abgeleitete Ansprüche hat der Bundesgerichtshof ebenfalls verneint. Durch die Marken der Beklagten werde der Verkehr nicht zu der unzutreffenden Annahme veranlasst, die Beklagte sei offizieller Sponsor der Klägerin. Die Beklagte behindere die Klägerin durch die Markeneintragungen nicht in wettbewerbswidriger Weise in ihrem Bemühen, die Fußball-Weltmeisterschaften durch Einräumung von Lizenzen an Sponsoren zu vermarkten. Auch auf die Generalklausel des § 3 UWG könne die Klägerin die Löschungsansprüche nicht mit Erfolg stützen. Das grundgesetzlich geschützte Recht der Klägerin zur wirtschaftlichen Verwertung der von ihr organisierten Sportveranstaltungen führe nicht dazu, dass ihr jede wirtschaftliche Nutzung, die auf das Sportereignis Bezug nehme, vorbehalten sei.

Urteil vom 12.11.2009  I ZR 183/07 – WM-Marken

OLG Hamburg – Urteil vom 13.09.2007  3 U 240/05

Verwendung fremder Fotos für Rezeptsammlung im Internet

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Betreiber einer Rezeptsammlung im Internet dafür haften kann, wenn Internetnutzer widerrechtlich Fotos von Kochrezepten auf seine Internetseite hochladen.

Die Beklagte bietet unter der Internetadresse www.chefkoch.de eine kostenfrei abrufbare Rezeptsammlung an. Die Rezepte werden von Privatpersonen selbständig mit passenden Bildern hochgeladen. Dabei wurden mehrfach vom Kläger angefertigte Fotos verwendet, ohne seine Zustimmung einzuholen. Diese Fotos konnten zusammen mit entsprechenden Rezepten kostenlos unter der Internetadresse www.marions-kochbuch.de abgerufen werden, die der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau betreibt.

Der Kläger will der Beklagten insbesondere verbieten lassen, bestimmte von ihm erstellte und unter www.marions-kochbuch.de abrufbare Fotografien ohne seine Erlaubnis auf der Internetseite www.chefkoch.de öffentlich zugänglich zu machen. Außerdem begehrt er Schadenersatz. Die Klage hatte vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Bereitstellung der urheberrechtlich geschützten Fotos des Klägers zum Abruf unter der Internetadresse www.chefkoch.de verletze dessen ausschließliches Recht auf öffentliche Zugänglichmachung (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Der Rechtsverletzung stehe nicht entgegen, dass die Fotos bereits zuvor auf der Internetseite des Klägers allgemein abrufbar gewesen seien. Die Haftung der Beklagten werde auch nicht dadurch beschränkt, dass Diensteanbieter im Falle der Durchleitung und Speicherung fremder Informationen für Rechtsverletzungen nur eingeschränkt haften (vgl. §§ 8 bis 10 TMG). Denn die Beklagte habe sich die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte zu eigen gemacht. Für diese Inhalte müsse sie daher wie für eigene Inhalte einstehen.

Nach Ansicht des BGH betreibt die Beklagte nicht lediglich eine Auktionsplattform oder einen elektronischen Marktplatz für fremde Angebote. Sie habe vielmehr nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Rezepte und Abbildungen übernommen. Die Beklagte kontrolliere die auf ihrer Plattform erscheinenden Rezepte inhaltlich und weise ihre Nutzer auf diese Kontrolle hin. Nicht zuletzt kennzeichne die Beklagte die Rezepte mit ihrem Emblem, einer Kochmütze. Der Verfasser des Rezepts erscheine lediglich als Aliasname und ohne jede Hervorhebung unter der Zutatenliste. Zudem verlange die Beklagte das Einverständnis ihrer Nutzer, dass sie alle zur Verfügung gestellten Rezepte und Bilder beliebig vervielfältigen und an Dritte weitergeben darf.

Der Bundesgerichtshof hat dem Kläger auch Schadensersatz zugesprochen. Die Beklagte habe nicht ausreichend geprüft, wem die Rechte an den auf ihrer Plattform erschienenen Fotos zustünden. Der Hinweis in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass auf ihre Plattform keine urheberrechtsverletzenden Inhalte geladen werden dürften, reiche insoweit nicht aus.

Urteil vom 12. November 2009 – I ZR 166/07 – marions.kochbuch.de

Ausübung von Gewerbe in der Mietwohnung

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte zu entscheiden, ob die Ausübung eines Gewerbes in einer zu Wohnzwecken vermieteten Wohnung eine Pflichtverletzung darstellt, die eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt.

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in Frankfurt am Main, die sie zusammen mit ihrem Kind bewohnen. In § 1 des Mietvertrages heißt es, dass die Anmietung „zu Wohnzwecken“ erfolgt. § 11 des Formularmietvertrages enthält die folgende Regelung:

„1. Der Mieter darf die Mietsache zu anderen als den in § 1 bestimmten Zwecken nur mit Einwilligung des Vermieters benutzen.

…“

Der Beklagte zu 1 ist als Immobilienmakler tätig. Er besitzt kein eigenes Büro, sondern betreibt seine selbständige Tätigkeit von der gemieteten Wohnung aus. Mit Schreiben vom 7. März 2007 forderte die Klägerin den Beklagten unter Androhung einer Kündigung des Mietverhältnisses vergeblich auf, die gewerbliche Nutzung zu unterlassen. Mit Schreiben vom 4. Juni 2007 erklärte die Klägerin wegen vertragswidrigen Gebrauchs der Mietwohnung die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses und forderte die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf.

Das Amtsgericht hat der Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie der Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Vermieter einer Wohnung geschäftliche Aktivitäten seines Mieters freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen hin in Erscheinung treten, mangels entsprechender Vereinbarung – auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt – nicht in der Wohnung dulden muss. Der Vermieter kann allerdings im Einzelfall nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zu einer teilgewerblichen Nutzung zu erteilen, insbesondere, wenn es sich nach Art und Umfang um eine Tätigkeit handelt, von der auch bei einem etwaigen Publikumsverkehr keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder die Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnungsnutzung. Werden für die geschäftliche Tätigkeit Mitarbeiter des Mieters in der Wohnung beschäftigt, wie dies in dem heute entschiedenen Fall nach dem bestrittenen Vorbringen der Klägerin der Fall sein soll, kommt ein Anspruch auf Gestattung jedoch regelmäßig nicht in Betracht.

Da dieser Punkt der Aufklärung durch das Berufungsgericht bedarf, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren zurückverwiesen.

Urteil vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08

AG Frankfurt am Main – Urteil vom 18. Dezember 2007 – 33 C 2808/07-29

LG Frankfurt am Main – Urteil vom 20. Mai 2008 – 2-17 S 19/08

Karlsruhe, den 14. Juli 2009

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Abbildung des Bildnisses von Boris Becker in der Werbekampagne zulässig

Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit der Abbildung des Bildnisses von Boris Becker in der Werbekampagne zur Einführung der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

 

Der u. a. für Rechtsstreitigkeiten über die kommerzielle Verwertung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern entschieden, dass die Werbung mit der Abbildung einer prominenten Person auf dem Titelblatt einer Zeitung ausnahmsweise auch ohne eine diese Abbildung rechtfertigende Berichterstattung zulässig sein kann, wenn sie dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über die Gestaltung und Ausrichtung einer neuen Zeitung zu informieren.

Der Kläger ist Boris Becker. Die Beklagte gibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung heraus. Vor dem Erscheinen der Erstausgabe am 30. September 2001 stellte sie der Fachöffentlichkeit ein Testexemplar der Zeitung vor. Dieses Testexemplar ist in der Werbekampagne zur Einführung der Zeitung vom 10. September 2001 bis zum 31. März 2002 in zusammengerollter Form – wie eine Zeitung in Zeitungsrohre gesteckt zu werden pflegt – abgebildet. Die Abbildung zeigt den oberen Teil der Titelseite mit dem Namen der Zeitung. Darunter ist links eine Fotografie des damaligen Bundesaußenministers Fischer und rechts ein Portraitfoto des Klägers zu sehen. Neben dem Bild des Klägers befindet sich die Schlagzeile „Der strauchelnde Liebling“ mit dem Untertitel „Boris Beckers mühsame Versuche, nicht aus der Erfolgsspur geworfen zu werden Seite 17“. Das Original des in der Werbekampagne abgebildeten Testexemplars der Zeitung zeigte neben einer ausgearbeiteten Titel- und Rückseite nur das vorgesehene Layout und enthielt insbesondere nicht den für Seite 17 angekündigten Bericht über Boris Becker. Ein solcher Bericht erschien auch in keiner späteren Ausgabe der Zeitung. Die Veröffentlichung des Fotos erfolgte ohne Einwilligung des Klägers.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe mit der ungenehmigten Verwendung seines Bildnisses in ihrer Werbekampagne sein Recht am eigenen Bild verletzt. Er hat die Beklagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 2.365.395,55 € in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 1,2 Mio. € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof die Entscheidungen des Berufungsgerichts teilweise aufgehoben. Die Prüfung, ob die in der Werbekampagne der Beklagten verwendete Fotografie des Klägers als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i. S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne seine Einwilligung habe verbreitet werden dürfen, erfordere eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Die Werbung im Streitfall sei nicht zu vergleichen mit einer Werbung, in der eine wirklich erschienene Ausgabe einer Zeitung abgebildet sei. Eine Person der Zeitgeschichte müsse eine solche Werbung jedenfalls in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erscheinen der Zeitung hinnehmen, wenn der Zeitungsartikel selbst und seine Ankündigung auf der Titelseite unbedenklich sei. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei nicht besonders schwerwiegend, lasse ihn allerdings nicht in einem günstigen Licht erscheinen. Mit der Abbildung einer kleinen, neutralen Porträtaufnahme des Klägers habe die Beklagte zwar die Aufmerksamkeit der Betrachter auf ihre Zeitung gelenkt. Sie habe dabei aber nicht den Eindruck erweckt, der Kläger empfehle ihre Zeitung. Die Beklagte könne sich demgegenüber auf das vom Grundrecht der Pressefreiheit geschützte Interesse berufen, die Öffentlichkeit mit der Abbildung einer Titelseite über die Gestaltung und Ausrichtung ihrer neuen Zeitung zu unterrichten. Vor dem Erscheinen der Erstausgabe habe sie nur mit der Titelseite einer nicht erschienenen Ausgabe der Sonntagszeitung werben können. Die Abbildung eines Porträtfotos des Klägers sei bei einer Abwägung der betroffenen Interessen deshalb zunächst auch ohne die angekündigte Berichterstattung zulässig gewesen.

Die Schwierigkeit, in der Werbung nicht mit der Abbildung eines bereits erschienenen Exemplars der Zeitung werben zu können, habe aber nur für die Phase bis zum Erscheinen der Sonntagszeitung bestanden. Alsbald nach dem 30. September 2001 sei es der Beklagten dagegen im Hinblick auf das beeinträchtigte Persönlichkeitsrecht des Klägers zumutbar gewesen, ihre Werbung für das neue Blatt umzustellen und in der Werbekampagne die Titelseite einer erschienenen Ausgabe der Zeitung zu verwenden. Der Bundesgerichthof hat den Anspruch des Klägers daher insoweit für dem Grunde nach gerechtfertigt gehalten, als die Beklagte sein Bildnis auch nach dem 1. November 2001 in ihrer Einführungswerbung verwendet hat. Das Berufungsgericht wird nunmehr über die Höhe der dem Kläger zustehenden fiktiven Lizenzgebühr zu entscheiden haben.

Urteil vom 29. Oktober 2009 – I ZR 65/07

LG München I – Urteil vom 22. März 2006 – 21 O 17367/03

OLG München – Urteil vom 6. März 2007 – 18 U 3961/06

AfP 2007, 237 = ZUM-RD 2007, 360

Karlsruhe, den 30. Oktober 2009

Abtretung notleidender Darlehensforderungen wirksam

Kein Verstoß gegen  das Bankgeheimnis bei Abtretung notleidender Darlehensforderungen

Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte über die Wirksamkeit der Abtretung einer Darlehensforderung durch eine als Anstalt des öffentlichen Rechts organisierte Sparkasse zu entscheiden. In dem zugrunde liegenden Fall begehrt der Kläger gegenüber der von ihm in Anspruch genommenen Sparkasse die Feststellung, dass ein zwischen ihnen in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zustande gekommenes Darlehensverhältnis ungeachtet einer Abtretungserklärung der Sparkasse fortbestehe und diese auch weiterhin Inhaberin der zur Absicherung der Darlehensrückzahlungsforderungen eingetragenen Grundschulden sei. Der Kläger ist der Auffassung, die Abtretung sei wegen Verstoßes gegen das Bankgeheimnis und gegen § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen durch Amtsträger) unwirksam. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Der XI. Zivilsenat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte war zur Abtretung der Darlehensforderung befugt, weil der Abtretung weder das Bankgeheimnis noch die genannte Strafvorschrift entgegenstehen. In Bezug auf einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis hat der Senat seine Grundsatzentscheidung vom 27. Februar 2007 (BGHZ 171, 180; siehe auch Presseerklärung Nr. 28/2007) bestätigt, dass die Wirksamkeit der Forderungsabtretung durch einen möglichen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht des Kreditinstituts – wie auch gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen – nicht berührt wird. In Ergänzung zu dieser Entscheidung hat der Senat nunmehr entschieden, dass eine Forderungsabtretung durch eine als Anstalt des öffentlichen Rechts organisierte Sparkasse auch keine – unter Strafe gestellte – Verletzung eines Privatgeheimnisses im Sinne des § 203 StGB darstellt. Dabei hat der Senat offengelassen, ob die Mitarbeiter einer öffentlichrechtlich organisierten Sparkasse trotz des Wegfalls der Gewährsträgerhaftung und der zunehmend erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Sparkassen überhaupt noch als Amtsträger im Sinne des § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB anzusehen sind oder ob insoweit eine funktionsbezogene Unterscheidung vorzunehmen ist. Vielmehr ist das Bankgeheimnis generell kein von § 203 StGB geschütztes „Geheimnis“. Da das von privaten Kreditinstituten und Genossenschaftsbanken zu wahrende Bankgeheimnis nicht in den Schutzbereich des § 203 StGB fällt, muss diese gesetzgeberische Grundentscheidung mangels erkennbarer Sachgründe für eine Differenzierung und zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs auch für öffentlich-rechtlich organisierte Sparkassen gelten.

Urteil vom 27. Oktober 2009 – XI ZR 225/08

LG Itzehoe – Urteil vom 16. Januar 2007 – 7 O 103/06

OLG Schleswig – Urteil vom 18. Oktober 2007 – 5 U 19/07

Unfallschaden – Geschädigter muss Verweis auf Billigwerkstatt nicht akzeptieren

Der Kläger machte gegen den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Das Fahrzeug des Klägers, ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km, war beschädigt worden.

Die Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Es ging nur noch um die Frage:

Muss sich der Geschädigte und Kläger bei der Geltendmachung eines fiktiven Reparaturschadens (er lässt also gar nicht reparieren, sondern verlangt in dieser Höhe Schadenersatz) auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer benannten „freien Karosseriefachwerkstatt“ verweisen lassen muss? Oder kann er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen?

Der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat an seiner bereits im sog. Porsche-Urteil (BGHZ 155, 1) geäußerten Rechtsauffassung festgehalten:

Der Geschädigte kann bei seiner Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

Selbst wenn dies der Fall, kann es für den Geschädigten immer noch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht unzumutbar sein, sich auf eine Reparaturmöglichkeit in dieser Werkstatt verweisen zu lassen. Dies gilt insbesondere für Fahrzeuge bis zum Alter von 3 Jahren. 

Bei neuen bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugen muss sich der Geschädigte im Rahmen der Schadensabrechnung grundsätzlich nicht auf andere Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten.

Aber auch bei älteren Kraftfahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadensabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder sein besonderes Interesse an einer solchen Reparatur durch eine konkrete Reparaturrechnung belegt.

BGH Urteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09

Jetzt wird`s uns zu bunt – Farbwahlklauseln bei Schönheitsreparaturen unwirksam

So ganz allmählich müsste jegliche denkbare Klausel herkömmlicher Mietverträge von der Rechtsprechung abgeklopft worden sein. Denkt man!

Nahezu jede Woche, so scheint es einem, finden die Karlsruher Richter weitere Kritikpunkte an handelsüblichen Mietverträgen mit oft weitreichenden Folgen auch für die Vergangenheit.

Manchmal wünschte man sich, eben diese Richter würden einmal diesen „treaty of paradise“ entwerfen, der den Belangen aller an einem Mietvertrag beteiligten Parteien gerecht wird.

Richter als Teil der Judikative können dies natürlich nicht. Gewaltenteilung, na klar. Dennoch erinnert es manches Mal an Sisyphos, jedes Mal, wenn man meint, man habe einen rechtsicheren Vertrag, kommen erneut ein paar Richter daher und stürzen Vieles wieder den Berg hinunter. 

Das mag für den Mieter im Einzelfall erfreulich sein, auf Dauer kann ein Vermieter solcherlei Unwägbarkeiten seiner Kostenkakulation wohl nur dann entgehen, wenn er solche „Pannen“ einkalkuliert und die Mieten steigen.

Im vorliegenden Fall jedenfalls störten sich die Richter daran, dass der Begriff des „Weißens der Decke“ nicht nur als Synonym für das Streichen der Decke sondern auch konkret das Streichen mit weißer Farbe meinen könne. Eine solche Anforderung  – jedenfalls während des Mietzeitraums vor der Rückgabe – schränke den Mieter in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereiches ein. Somit war ein Schadensersatzanspruch aus Unterlassen solcher Renovierungsarbeiten wegen Unwirksamkeit der Klausel nicht durchsetzbar.

Wer mehr lesen möchte, findet das Urteil in Zukunft unter folgendem Aktenzeichen auf der Seite des Bundesgerichtshofs unter dem Aktenzeichen VIII ZR 344/08 – Urteil vom 23.09.09 (aktuell liegt das Urteil noch nicht in gedruckt Form vor).

Schweigen ist Gold – Meisterprämien verspricht man nicht!

Wer kennt das nicht- eine Saison ist beendet. Vielleicht zufriedenstellend. Nach der Saison ist vor der der Saison. Neue kühne Pläne werden geschmiedet.  Das geht oft ganz schnell.

Vorsichtig sollte man nur sein, was man in solchen Augenblicken für Versprechen leistet.  Denn wer eine Zuwendung oder gar ein Prämie zusagt, wenn ein bestimmtes Ergebnis erzielt wird, verspricht nicht etwa eine  – formbedürftige – Schenkung, sondern eine Gegenleistung für das Bemühen des Empfängers des Versprechens, die in dem Eintreten eines bestimmten Erfolges sichtbar werden, so der Bundesgerichtshof.  Anders als bei der Schenkung also, die zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedurft hätte, ist ein solches Versprechen ähnlich wie bei der  Auslobung auch formfrei wirksam.

Im Talmud heisst es: „Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.“ 

Nun, in diesem Fall ist es jedenfalls wahr geworden, allerding durch die Handlungen einer anderen Person. Der Hauptsponsor als Aufsichtsratsmitglied muss sich an seinen Worten messen lassen, auch wenn Sie offenkundig nicht zu eigenen Taten führten. Jedenfalls dann, wenn er sie tatsächlich ausgesprochen hat. Eben dieser Frage muss nun das Berufungsgericht nachgehen, zu dem der BGH den Fall zur Aufklärung hinsichtlich der gesprochenen Worte zurückverwiesen hat.

Schweigen ist Gold.

Wer das Urteil aus Mai 2009 lesen möchte, findet die Quelle hier:

 http://tinyurl.com/yekwjce

 

 

 

Zwei auf gleichem Weg – Treugeber geschlossener Fonds bevorzugt?

 

„Kasse leer“, Nachschuss und Sanierungskonzept sind Worte, die Zeichner von geschlossenen Schiffsfonds lange Jahre nur im Zusammenhang mit anderen Beteiligungen vernehmen konnten.

In Jahren der boomenden Containerschifffahrt gab es für die Anleger dieser Beteiligungen in den seltensten Fällen Grund zur Klage. Heutzutage, im Sog der allgemeinen Finanzkrise, ist auch die Schifffahrt in den Abwärtsstrudel geraten. Viele Fondsgesellschaften leiden unter mangelnder Liquidität und benötigen dringend frisches Kapital. Anleger dieser Beteiligungen werden demnach zu Nachschüssen oder Rückzahlungen erhaltener Auszahlungen aufgefordert. Auffällig ist hierbei jedoch, dass hierbei nicht zwischen Direktkommanditisten und Treugebern unterschieden wird.

Selbstverständlich nicht, mag der geneigte Leser unmittelbar entgegnen. Treugeber sind ja durch den Gesellschaftsvertrag den Direktkommanditisten gleichgestellt und somit als „Quasi-Gesellschafter“ einzustufen. Dieses ist im Ergebnis sicher richtig, weil eine solche Alternativkonstruktion wird nur deshalb vertretbar, weil sie grundsätzlich zu den gleichen Ergebnissen führt und die wirtschaftliche Beteiligung von Direktkommanditisten und Treugebern weitestgehend synchron läuft.

Die Gemeinsamkeiten enden aber, wenn es um die Außenhaftung gegenüber Dritten geht. Hierbei kann man zunächst einmal festzustellen, dass im Einklang mit Rechtsprechung und Gesetzeslage unmittelbar für eine Außenhaftung nur direkt beteiligte Anleger in Höhe ihrer Haftsumme, die geringer sein mag als Pflichteinlage in Höhe der gezeichneten Summe, in Anspruch genommen werden können. Nur sie sind nach Gesetzeslage Gesellschafter; wie die höchstrichterliche Rechtsprechung mehrfach statuiert hat, scheidet auch ein analoger direkter Anspruch gegen lediglich mittelbar Beteiligte Treugeber aus.

Allerdings wird in den meisten Fällen der Treuhandvertrag eine Regelung vorsehen, die besagt, dass der Treuhänder in Höher seiner eigenen Inanspruchnahme als Gesellschafter (quasi stellvertretend für die Treugeber) einen Freistellungsanspruch gegen die Treugeber hat. Diesen Freistellungsanspruch kann der Treuhänder auch an einen Dritten (Gläubiger) abtreten.

Im Endergebnis wird also auch im Rahmen einer mittelbaren Beteiligung der Anleger verpflichtet sein, erhaltene Auszahlungen in Höhe der Haftsumme im Rahmen einer Außenhaftung zurückzuzahlen.

Wozu dann die vielen Worte?

Nun, ein druckfrisches Urteil des OLG Karlsruhe (Urteil vom 6.8.2009, 4 U 9/08) besagt, dass die Treugeber wegen dieses Freistellungsanspruches eventuell gegenüber dem Treuhänder mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen können.

Voraussetzung hierfür ist nach den Worten der Richter jedoch, dass der Treuhänder es unterlassen hat, die Anleger über gewisse Umstände aufzuklären.

Es entspricht seiner Pflicht, sich so zu verhalten und den Anleger so zu unterrichten, dass der wirtschaftliche Wert der Beteiligungen nicht gefährdet ist. In diesem konkreten Fall zum Beispiel hätte über die Tatsache, dass erhaltene Auszahlungen möglicherweise zu einem „Wiederaufleben der Haftung“ führen können, aufgeklärt werden müssen.

Kurioserweise war in dem streitgegenständlichen Fall durchaus an diversen Stellen im Verkaufsprospekt auf das „Wiederaufleben der Haftung“ hingewiesen worden; allerdings – so die Richter – sei anderen Stellen wiederum der Eindruck erweckt worden, es handele sich um Gewinnsauszahlungen. Hierdurch würden die Warnungen an anderer Stelle quasi entkräftet.

Dieser Ansatz dürfte allerdings noch für einige Aufregung sorgen, entsprach es doch bisher dem Marktstandard, dass mehrere Warnhinweise im Verkaufsprospekt den Vorwurf der unterbliebenen Belehrung hinsichtlich des Risikos „Wiederaufleben der Haftung“ wirksam entkräften könnten. Als Beleg für die Richtigkeit ihrer Auslegung führten die Richter weiter an, dass unter anderem auch die Richter der Vorinstanz in ihrer Bewertung fälschlicherweise lediglich auf Auszahlungen abstellten, ohne die Anfangsverluste hinsichtlich etwaiger Haftungsfolgen zu berücksichtigen. Somit könne auch von Anlegern nicht verlangt werden, die komplizierten Fakten entsprechend zu würdigen.

Einschränkend ist eins sagen, dass der Fall vor dem OLG Karlsruhe ein so genannter „Altfall“ ist; der „state of the art“ eines Verkaufsprospektes hat sich seitdem sicherlich durch die Einführung der gesetzlichen Prospektpflicht durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz und einen aktualisierten IDW S 4 Standard erdrutschartig verbessert. Nichtsdestotrotz wird jeder weitere Sanierungsfall und jede Aufforderung an Anleger, erhaltene Auszahlungen zurückzuzahlen nunmehr im Lichte dieses Urteils und der dort getroffenen Aussagen zu bewerten sein.

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang wird sein, ob sich nicht der Treuhänder im Zusammenhang mit dem Freistellungsanspruch gegen die Treugeber auch gegebenenfalls einer kürzeren Verjährungsfrist ausgesetzt sieht. Nach Einschätzung des OLG Karlsruhe gilt hier nicht etwa die fünfjährige Verjährungsfrist des § 159 HGB, sondern vielmehr die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) ab Entstehen des Anspruchs und Kenntnis des Gläubigers. Im Falle des Treuhänders also ab dem Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme. In der Verjährungsfrage erscheint allerdings einiges ungeklärt, so dass hier weitere Rechtsprechung abzuwarten ist.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Gericht die Revision zugelassen. Die finale Entscheidung des BGH bleibt abzuwarten.

Zusammenfassend kann jedem Anleger nur an das Herz gelegt werden, im Falle der Aufforderung, an einer Sanierung mitzuwirken, diesem Fall genauestens zu prüfen, vor allem im Hinblick auf die Art seiner Beteiligung. Für die Prospektierungspraxis heißt dies eine noch höhere Sorgfalt in Bezug auf Unterscheidung zwischen Eigenkapitalrückzahlungen und echten Gewinnen sowie detaillierter Darstellung etwaiger Haftungsfolgen. Treuhänder werden zukünftig allerhöchste Anstrengung unternehmen müssen, die Anleger vor wirtschaftlichen Verlusten zu bewahren, sofern der Prospekt diesbezüglich nicht eindeutig aufklärt.