Ein Testament zu schreiben, ist oft eine Angelegenheit die wir verdrängen. Nach jüngsten Umfragen werden 50 % der in Deutschland auftretenden Erbfälle ohne ein wirksames Testament abgewickelt. Manche Statistiken sprechen gar von einer Zahl von 71 % der Erbfälle ohne Vorliegen eines wirksamen Testaments. Das ist eigentlich schade.
Der Verstorbene (Erblasser) hat durch ein Testament die Möglichkeit, sein Vermögen so an ihm nahestehende Personen zu verteilen, wie es ihm gefällt. Dies kann man vielleicht sogar als Sicherung des Lebenswerks bezeichnen.
Ohne ein Testament oder einen Erbvertrag treten aber oft Rechtsfolgen ein, die der Erblasser in dieser Form nicht gewollt hat. Es tritt dann die so genannte gesetzliche Erbfolge ein. Zwar ist auch die gesetzliche Erbfolge Ergebnis einer Vermutung des Gesetzgebers, wie ein Erblasser seinen letzten Willen wohl gestaltet hätte. Da wir aber alle einzigartige Menschen mit individuellen Wünschen und Zielsetzungen sind, kann eine solche Pauschalierung meist nur einen Kompromiss darstellen. Nur selten ist wohl tatsächlich die gesetzliche Erbfolge so, wie sie die Erblasser testamentarisch geregelt hätte.
Wenn Sie aber jetzt der Minderheit angehören, die sich frühzeitig mit der Tatsache, dass wir alle einmal sterben werden und der damit einhergehenden Vermögensverteilung befasst hat, können sie sich zunächst einmal gratulieren. Sie gehören zu einem elitären Kreis. Zufrieden zurücklehnen sollten Sie sich jedoch nicht.
Das Leben ist eine dynamische Angelegenheit mit vielen Irrungen und Wirrungen. Ständig ändern sich viele Dinge in unserem Leben. Orte an denen wir uns aufhalten, an denen wir arbeiten oder an denen wir uns zur Ruhe setzen. Leute mit denen wir Sport treiben, Spaß haben und ansonsten unsere Geselligkeit ausleben. Da ein Testament immer Spiegelbild unseres Lebens und unserer sozialen Beziehungen sein sollte, sollte auch dieses regelmäßig einer Prüfung unterzogen werden, ob die getroffenen Regelungen noch aktuell sind. Generell würde ich einmal im Jahr eine Prüfung empfehlen, wenn nicht außerordentliche Situationen sofortige Änderungen notwendig machen.
Wie aber widerruft man ein Testament nun eigentlich? Ist dies überhaupt möglich?
Als Grundsatz ist festzuhalten, dass man jede letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) jederzeit wieder ohne Angabe von Gründen widerrufen kann (§ 2353 BGB). Im deutschen Erbrecht gilt der Grundsatz der Testierfreiheit. Der Erblasserwille steht letztlich über allem.
Mögliche Arten des Widerrufs des Testaments
Ein Testament kann auf folgende vier Arten widerrufen werden:
- der Widerruf durch ein Testament (§ 2254 BGB)
- Vernichtung oder Veränderung des Testaments mit Absicht, es aufzuheben (§ 2255 BGB)
- Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung (§ 2356)
- Erstellung einer späteren Verfügung, die mit dem früheren Testament in Widerspruch steht (§ 2258).
Zu 1)
Das Widerrufstestament stellt eine Erklärung mit dem Inhalt dar, dass ein früheres Testament widerrufen werde. Im besten Fall ist dies dort wörtlich auf diese Weise durch den Erblasser niedergeschrieben. Ansonsten wären die vom Erblasser verwendeten Worte auszulegen.
Zu 2)
Zerreißt, zerknittert, verbrennt, streicht durch, überschreibt oder macht der Erblasser das Testament sonst wie unkenntlich, so stellt dies ebenfalls ein Widerruf des Testamentes dar. Allerdings muss diese Maßnhame durch den Erblasser selber vorgenommen werden. Dies kann in der Praxis zu Beweisschwierigkeiten führen. Es wird nicht automatisch vermutet, dass ein zerstörtes Testament vom Erblasser vernichtet wurde. Es bedarf keiner großen Fantasie, warum dies so geregelt ist. Zu leicht wird es ansonsten, ein unliebsames Testament „unwirksam“ zu machen durch einen solchen Widerruf.
Zu 3)
Hat der Erblasser ein notarielles Testament errichtet und dasselbe in amtliche Verwahrung gegeben, ist es leicht für den Erblasser zu widerrufen. Er kann das Testament dadurch widerrufen, dass er es aus der amtlichen Verwahrung der herausnimmt. Hierbei sollte allerdings ein entsprechender Hinweis durch die zurückgebende Stelle an den Erblasser erfolgen, dass durch die Rücknahme ein Widerruf erfolgt. Dies ist nicht jedem klar.
Zu 4)
Schließlich kann der Erblasser später ein weiteres Testament schreiben, welches mit den Regelungen des ersten Testaments nicht übereinstimmt. In diesem Fall gilt grundsätzlich das zweite neue Testament. Das erste Testament gilt als widerrufen.
Sollte allerdings nur ein Teil des zweiten Testamentes dem ersten Testament widersprechen, so behält das erste Testament hinsichtlich des Teils, der nicht in Konflikt mit dem zweiten Testament steht, seine Wirksamkeit.
Dies sind also die vier Möglichkeiten eines Erblassers, ein einmal errichtetes Testament zu bearbeiten beziehungsweise zu widerrufen.
So vielfältig wie das Leben, so vielfältig sind auch kuriose Einzelfälle im Zusammenhang mit diesen vier Widerrufsmöglichkeiten des Erblassers. Spezielle Einzelfälle dieser Widerrufsmöglichkeiten darzustellen, würde den Umfang dieses Beitrages sprengen. Weitere spätere Beiträge hier sollen noch einmal spezieller auf solche Einzelfälle eingehen.
Abschließend erwähnt werden soll allerdings noch, dass auch der Widerruf eines Testamentes widerrufen werden kann (§ 2257 BGB). Der Widerruf des Widerrufs sozusagen. In diesem Fall würde das vor dem Widerruf geltende Testament im Zweifel wieder zur Geltung gelangen (§ 2258 Abs. 2 BGB).
Wichtig ist allerdings zu wissen, dass der Widerruf eines Widerrufes bei der Rücknahme eines Testaments aus der amtlichen Verwahrung nicht möglich ist. Ein aus der amtlichen Verwahrung herausgenommenes Testament bleibt widerrufen und kann nur neu erstellt werden. Gleiches gilt für ein Testament, welches durch Vernichtung oder Veränderung der Urkunde, wie oben unter 2.) beschrieben, widerrufen wurde. Auch ein solches Testament lässt sich nicht ohne weiteres durch einen Widerruf wieder in Kraft setzen. Nur durch einen handschriftlich eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Zusatz, dass dies Testament doch gelten solle, kann ein solchermaßen widerrufenes Testament wieder zur Wirksamkeit erlangen. Sicherer und einfacher ist in diesem Fall jedoch die Neuerstellung eines Testamentes.
Sonderfall gemeinschaftliches Testament von Ehegatten mit wechselbezüglichen Verfügungen.
Zu beachten ist, dass im Falle eines gemeinschaftlichen Testaments von Ehegatten mit so genannten wechselbezüglichen Verfügungen (Verfügungen, die ein Ehegatte im Vertrauen auf die Verfügungen des Ehepartners trifft) der Widerruf eines Testaments besonderen Regelungen unterliegt. Zwar können nicht wechselbezügliche Verfügungen jederzeit widerrufen werden (§ 2253 BGB). Die wechselbezüglichen Verfügungen hingegen sind zu Lebzeiten des Ehepartners nur durch notariell beurkundete Widerrufserklärung gegenüber dem Ehegatten möglich (§ 2296 BGB).
Nach dem Ableben eines der Ehepartner ist ein solcher Widerruf gar nicht mehr möglich (§ 2271 BGB Abs. 2 BGB), da die wechselbezüglichen Verfügungen dann bindend werden. Ausnahmeweise ginge ein Widerruf, wenn die Ehepartner dem überlebenden Partner ein solches Recht zugestanden hätten. Ansonsten kann allenfalls jetzt noch ausgeschlagen werden, um sich den Bindungswirkungen des gemeinschaftlichen Testament zu entziehen. Dies geht immer dann, wenn der verbliebene Ehepartner selber der Erbe ist.
Wir hoffen, dieser Beitrag hat Ihnen einige neue Erkenntnisse zum Thema Widerruf eines Testamentes verschafft. Weitere Beiträge werden folgen.
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